Aus der Forschung
Rein oder nicht rein? Zytostatika-Zubereitung in einer Isolatorstrecke
Produktschutz im Fokus
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Abbildung 1: Isolatorstrecke |
Seit Änderung der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) im Jahr 2012 richtet sich das Augenmerk bei der Herstellung applikationsfertiger Parenteralia verstärkt auf einen validen Produktschutz. Auf Grundlage von GMP- und PIC/s-Leitfaden müssen diese Arzneimittel seitdem normalerweise unter „A-in-B“-Bedingungen zubereitet werden. Allerdings ist auch die Herstellung in einer Umgebung der Reinheitsklasse D erlaubt, sofern ein Isolator als zentraler Bereich für kritische Arbeitsschritte eingesetzt wird. Diese meist kostengünstigere „A-in-D“-Lösung findet zunehmend das Interesse Zytostatika-herstellender Apotheken. Aufgrund der fehlenden Erfahrung sind jedoch immer noch viele potenzielle Nutzer - ebenso wie manche genehmigenden Behörden – hinsichtlich des Leistungsvermögens der Geräte verunsichert. Im Rahmen einer umfangreichen Prozessvalidierung (Herstellungssimulation mit Nährlösungen) wurde deshalb im Berner FuE-Labor untersucht, ob und unter welchen Bedingungen die aseptisch einwandfreie Zubereitung von Zytostatika in einer Isolatorstrecke möglich ist.
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Abbildung 2: Herstellsimulation |
Erkenntnis durch Simulation
Die eingesetzte Gerätekombination sollte es dem Nutzer ermöglichen, Vorbereitungsarbeiten, wie die Desinfektion von Vials, bereits in einer reinen Umgebung durchzuführen. Alle benötigten Materialien sollten von dort aus in den Isolator eingebracht werden. Die eingesetzte Isolatorstrecke bestand dementsprechend aus einem Zytostatika-Isolator als zentralem Herstellungs-Containment, sowie einer Sicherheitswerkbank für Zytostatika zur Vorbehandlung der benötigten Materialien (Abbildung 1). Die Geräte waren über eine belüftete Transferschleuse verbunden. Eine zweite, baugleiche Schleuse diente der Entnahme der fertigen Zubereitungen sowie der Entsorgung von benutzten Hilfsmitteln. Entsprechend dem Gefährdungspotenzial von CMR-Arzneimitteln wurden der Isolator und die Schleusen im Unterdruck betrieben. Die Arbeitsumgebung außerhalb der Isolatorstrecke entsprach im Sinne eines Worst-Case-Szenarios der GMP-Reinheitsklasse D.
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Abbildung 3: Befüllung der Infusionsbeutel |
Während der Herstellungssimulation wurden typische Transferschritte wie z. B. die Entnahme und das Zuspritzen kleiner Lösungsvolumina durchgeführt. Am Gesamtprozess waren zwei Personen – eine erfahrene PTA als „Hersteller“ und ein „Zureicher“ – beteiligt (Abbildung 2). Das Vorgehen basierte auf einem etablierten Verfahren zur mikrobiologischen Herstellungskontrolle in Apotheken [1]. Im Zuge der Herstellung wurden insgesamt 120 Infusionsbeutel mit steriler Nährlösung befüllt (Abbildung 3). Dazu wurden in 60 Abfüllläufen 960 definierte Manipulationen durchgeführt, die an keiner Stelle des Zubereitungsprozesses zur Verkeimung der Nährlösung führen durften. Zur Bewertung der aseptischen Arbeitsweise wurden die befüllten Infusionsbeutel bebrütet und visuell auf Keimwachstum überprüft. Die mikrobiologische Belastung des Arbeitsbereiches wurde zudem mithilfe von Sedimentations- und Abklatschplatten kontrolliert.
Perfekte Hygiene und höherer Arbeitsaufwand
Die Ergebnisse der mikrobiologischen Prozesskontrolle waren eindeutig: In keinem der befüllten Infusionsbeutel konnte nach der Inkubation Keimwachstum festgestellt werden. Bis auf eine Ausnahme (ein Keim im Übergang zum D-Bereich) blieben auch alle Proben des Umgebungsmonitorings erregerfrei.
Damit konnte nachgewiesen werden, dass auch unter "A-in-D"-Bedingungen eine aseptisch einwandfreie Parenteralia-Zubereitung möglich ist. Die Arbeiten zeigten allerdings ebenfalls, dass es bei Verwendung von ausschließlich mit Luftspülung betriebenen Schleusen empfehlenswert, wenn nicht gar zwingend erforderlich ist, eine vorgeschaltete Sicherheitswerkbank als reinen Vorbereitungssraum zu nutzen. Nur so ist gewährleistet, dass arbeitsfertig bereitgestellte Materialien nicht erneut der relativ unreinen D-Raum-Umgebung ausgesetzt werden.
Durchführung und Auswertung der Prozessvalidierung lieferten nicht nur interessante Erkenntnisse im Hinblick auf die geforderte Hygiene. Auch die Grenzen altbewährter Arbeitsverfahren wurden erkennbar. Arbeitsabläufe, die sich bislang beim Einsatz einer Sicherheitswerkbank bewährt hatten, mussten den Bedingungen in einem Isolator angepasst werden. Die gegenüber einer Sicherheitswerkbank eingeschränkten Platz- und Sichtverhältnisse, sowie arbeitsaufwendigere Desinfektions- und Transferprozesse erforderten eine noch detailliertere Ablaufplanung, um bisherige Zubereitungszeiten einzuhalten. Insgesamt stellt ein sinnvoll konfigurierter Isolator deshalb für die Zubereitung von Zytostatika eine kostengünstige und sichere Alternative dar, wenn auch - insbesondere bei hohem Produktionsaufkommen - mit praktischen Einschränkungen gerechnet werden muss. Eine genaue Darstellung der Herstellungssimulation und ihrer Ergebnisse lässt sich unter [2] nachlesen.
[1] Baumann, L. und Maurer, J. Retrospektive Revalidierung. Der Schlüssel zur mikrobiologischen Validierung der aseptischen Herstellung. Krankenhauspharmazie 2003; 11: 471-479.
[2] Klein, M. Knetsch, H. und Baumann, L. Aseptische Herstellung von Parenteralia in einer Isolatorstrecke. Krankenhauspharmazie 2013; 9: 431-438.